Türkei

 

Am 05.09.05 rollte unsere KTM in Cesme von der Fähre und berührte zum ersten Mal asiatischen Boden. Vorangegangen waren 565 km in Deutschland, 110 km in Österreich und 691 km in Italien, sowie eine 42 stündige Überfahrt mit der Fähre in die Türkei.

Auf der Fähre lernten wir einen netten türkischen Wasserpfeifen- und Teppichhändler aus Saarbrücken kennen. Dieser half uns dann auch schnell bei der Zollabwicklung und lotste uns noch nach Izmir, in einen Stadtteil der 3,5 Millionenmetropole, wo wir unsere Gastgeber für die erste Nacht treffen sollte. Es waren Verwandte von einem Freund eines Freundes und wir hatten uns noch nie zuvor gesehen. Wir wurden trotzdem wie Familienmitglieder aufgenommen und bewirtet. Großmutter wich für uns sogar aus ihrem Schlafzimmer.

Auf uns alleine gestellt traten wir dann am folgenden Tag die Reise Richtung Osten an. Die dicht bebaute Küstenregion brachten wir schnell hinter uns und tauchten in das westanatolische Binnenland ein. Vorbei an fruchtbaren Tälern, kargen Ebenen mit grünen Oasen begleiteten uns kleine Ortschaften mit ihren Moscheen. Auf relativ guter Strasse und angenehm überrascht von der Fahrweise der Türken erreichten wir Aksehir. In der Stadt des Nasreddin Hoca, einer Person gleich unseres Till Eulenspiegel, suchten wir nach unserem Hotel. Obwohl sich nur wenige Touristen hierher verirren, werden wir gleich mit einem " Grüss Gott " angesprochen. Es sind ehemalige Gastarbeiter, die nach Hause zurück gekehrt sind und uns in einer überschwänglichen Freundlichkeit ihre Hilfe anbieten.

Abgeerntete Kornfelder, soweit das Auge reicht, begleiten uns auf den nächsten 350 km bis Kappadokien. Ab Konya, der einzigen Stadt im Umkreis von 150 km in der anatolischen Steppe wird uns bewusst, dass ab hier die türkische Ost- Westgrenze verläuft. Mit jedem Kilometer wirken die Ortschaften ärmer, strohbedeckte Lehmhütten und Eselskarren sehen wir immer häufiger.

Strasse Anatolien

Nach endlosen Kilometern auf schnurgeraden Strassen fahren wir hinab in die Täler Kappadokiens. Die bizarren Tuffsteingebilde, die Höhlenhäuser und unterirdische Städte werden in vielen Bücher als ein Reich von Feen und Elfen beschrieben. Die Temperaturen sind hier noch sehr angenehm, sobald die Sonne untergegangen ist, wird es jedoch empfindlich kühl. Wir befinden uns seit Aksehir auf einer Höhe von etwa 1000 m und hoffen, bei der Weiterfahrt nach Ostanatolien auf über 2000 m noch etwas von einem goldenen Herbst mitzuerleben.

Kappadokien

Von Kappadokien bis nach Erzincan folgte unsere "türkische Marathonetappe" mit 545 km. Kurz vor Kayseri rückte der Erciyes Dagi, mit 3917 m, der zweithöchste Berg der Türkei in unser Blickfeld. Danach folgten wieder schnurgerade Kilometer durch die steppenartige Landschaft, die durch die Spätsommersonne in gelbes und rotbraunes Licht getaucht und von weit entfernten sanften Hügelketten eingerahmt ist.

Kurz vor Sivas riss mich die Polizei aus diesem Traum aus Formen und Farben. 100 Euro wegen zu hoher Geschwindigkeit wurden unserer Reisekasse entnommen, weil ich die generellen 90 km/h auf Landstrassen um 23 km/h überschritten haben soll. Nach Sivas wechselten sich gut asphaltierte Strassenabschnitte mit längeren baustellenbedingten Schotterpassagen ab. Die Sonne stand schon tief, als wir den kargen 2190 m hohen Kizildag Pass überquerten und nach weiteren 80 km auf einer kurvenreichen Strecke den 2160 m hohen Sakaltutan Pass in der Dämmerung nach Erzincan hinabrollten.

Am 10.09.05 brechen wir in den östlichsten Teil der Türkei nach Dogubeyazit, dem Tor zum Iran, auf. Weite Strecken dieser rund 500 km langen Etappe bestehen auf Grunde der unzähligen Baustellen aus Schotterpisten. Durch den starken Wind, der uns schon seit zwei Tagen begleitet sind wir innerhalb kurzer Zeit weiss gepudert wie die Bäcker. Unterwegs treffen wir vier Belgier, die seit Juni mit ihren Fahrrädern unterwegs sind und sich für ihr Ziel Nepal ein Jahr Zeit genommen haben. Nach der Provinzstadt Erzurum wechseln sich weite Ebenen und tiefe felsige Täler ab. Etwa 100 km vor unserem Tagesziel bietet man uns als Reisende nach dem Tanken wie so oft schon den obligatorischen Tee an.

Kurz vor Dogubeyazit steht dann plötzlich der Ararat, mit 5137 m, der höchste Berg des Landes, mit seiner weissen schneebedeckten Kuppe vor uns. Das alte Testament erzählt, dass hier die Arche Noah strandete. Die Landschaft um die Grenzstadt Dogubeyazit zeigt sich im Licht der untergehenden Sonne in einer faszinierenden Farbenvielfalt aus Rotbraun- und Gelbtönen der teils schroffen, teils sanft geschwungenen Bergmassive. Als grelle Farbtupfer leuchten vereinzelt saftige grüne Wiesen aus der kargen Hochebene heraus. Wir sind Gäste bei Kemal und seiner Familie, es ist der Bruder eines Freundes von einem Bekannten aus Deutschland. Den letzten Tag in der Türkei mache ich an der KTM eine kleine Inspektion, da wir nun schon über 3300 km unterwegs sind. In der Stadt kleiden wir Claudia noch irangerecht ein und verbringen einen wunderschönen Nachmittag bei einem Picknick mit unseren Gastgebern vor dem Ishak Pasha Palast, der rund 300 m über Dogubeyazit thront.

Dogubeyazit

Für uns geht nun die Zeit in der Türkei zu Ende, viel zu schnell und zu kurz. Ein Land mit unendlich gastfreundlichen Menschen und einer grossartigen Landschaft auch abseits der Touristenpfade.

Tesekkürler allen neu gewonnen Freunden.

Allaha ismarladik Türkiye.