Iran
Wer hier nun schon wieder Geschichten von korrupten Zöllner und langwieriger Bürokratie sucht, wird endtäuscht sein. Mit einem freundlichen "Welcome to Iran" werden wir im alten Persien begrüßt. Das war alles, es gibt keinerlei Probleme oder Verzögerungen bei der Einreise.
Wir sind froh, wieder in dem Land sein zu dürfen, dass wir noch in bester Erinnerung haben.
Der iranische Grenzposten hängt wie eine Adlerkanzel in einem Einschnitt des
Kuh-e-Sah-Jahan Gebirgszuges, durch den sich die Strasse in die Ebene Richtung Mashhad schlängelt.
Auf dem Weg dorthin werden wir immer wieder freudig aus vorbeifahrenden Fahrzeugen gegrüßt. Es vergeht keine Pause, bei der wir nicht neugierig, aber zurückhaltenden höflich angesprochen werden. Woher, wohin? Deutsche sind hier sehr willkommen und angesehen und Claudia als Selbstfahrerin bekommt überall, nicht nur von den Frauen, größten Respekt gezollt. Wir müssen zig Einladungen zum Tee, frischen Wassermelonen und weiterem Obst, Mittagessen und einen Schlafplatz ablehnen, um überhaupt voranzukommen.
Mashhad ist mit über 4 Millionen Einwohner die zweitgrößte Stadt des Landes und ist für die Iranern die Pilgerstätte schlecht hin. Im Zentrum befindet sich ein riesiger Komplex aus Moscheen, Koranschulen, Bibliotheken mit uralten Schriften und das heiligsten überhaupt, der Schrein von Imam Reza.
Überall ragen türkisfarbene Kuppel, gesäumt von Minaretten empor. Alle Gebäude sind mit wunderbaren bunten Mosaiken und goldenen Portalen verziert.
Ein märchenhafter Ort, den jedes Jahr über 27 Millionen Menschen besuchen, nach Mekka die größte Pilgerstätte der islamischen Welt und das wohl bedeutenste schiitische Heiligtum. Demensprechend ist auch für das Wohl der Besucher gesorgt. Aus den Geschäften an der Strasse zur Pilgerstätte duftet es nach Tee, Safran, süßem Gebäck und anderen Köstlichkeiten.
Seit wir 2005 die Wüste Dasht e Lut im Süden Irans gestreift hatten, ging mir immer wieder ein Gedanke durch den Kopf. Wiederkommen, um die 200.000 Quadratkilometer große nördlich gelegene Dasht e Kavir zu durchfahren. Auf der von uns gewählten Route von Mashhad über Tabas nach Yazd, keine Heldentat, aber spannend allemal.
300 Kilometer südlich von Mashhad verschwindet plötzlich die eh schon spärliche Vegetation. Vor uns liegen 600 Kilometer Sand- Salz- und Geröllwüste. Weite, bis an den Horizont reichende Steinebenen, in denen es kaum Leben gibt, werden von bizarren braunen und schwarzen Gebirgszügen flankiert.
Sind diese überwunden, folgt der nächste flache Glutofen mit Temperaturen von über 45 Grad. Der heiße Fahrtwind trocknet in Minuten die Nasenschleimhäute aus. Das Wasser, welches wir nur so in uns hineinschütten scheint keine Wirkung zu zeigen. Wüste pur.
Nach etlichen dieser flachen Ebenen und ständigem auf und ab durch die Berge erreichen wir am späten Nachmittag die kleine Stadt Tabas und finden dort unter iranischen Reisenden ein Hotel für die Nacht.
Am nächsten Tag ist die Landschaft noch spektakulärer. Die Strasse windet sich sanft durch ein wildes felsiges Tal auf eine Hochebene, die endlos weit erscheinend, von Bergen umgeben und mit kleinen Felsen gespickt ist.
Etwa 100 Kilometer nach Tabas und 70 Kilometer vor dem Ort mit dem einprägsamen Namen Robath-e Posht-e Badam finden wir die Stelle, die für einige Iraner so etwas wie der heilige Gral sein wird. "Desert one", der Ort, den die Amerikaner im Frühjahr 1980 als Wüstenstützpunkt für die Befreiungsaktion der Geiseln in der amerikanischen Botschaft in Teheran nutzten. Es endete in einem Desaster. Helikopter und Flugzeuge stürzten in einem Sandsturm ab. Die Befreiung schlug fehl.
Die Wracks und ein von den Amerikanern angehaltener Linienbus stehen noch heute wie ein Mahnmal im Wüstensand.
Nach vielen Stunden Fahrt durch brennend heiße Luft erreichen wir Yazd, eine Oasenstadt zwischen den Wüsten Kavir und Lut. Uns bleibt noch genügend Zeit die überdachten Bazargassen, die spät am Abend wie ausgestorben erscheinen, zu erkunden.
Nach sechs Fahrtagen, gönnen wir uns in Esfahan einen Ruhetag. Die Stadt, die in jüngster Zeit durch das Buch "Der Medicus" bekannt wurde, war vor über tausend Jahren ein wichtiger Stützpunkt der südlichen Seidenstrasse. Der dadurch entstandene Reichtum ist bis heute noch zu sehen. Prachtvolle Gartenanlagen und prunkvolle Moscheen konzentrieren sich im alten Stadtzentrum.
Hier befindet sich auch der Naqsh-e Jahan Platz mit 512 Meter Länge und 163 Meter Breite, der zweitgrößte Platz der Erde. Umgeben von Arkadengängen mit viel Grünfläche und Springbrunnen bietet der Platz für die Picknick begeisterten Iraner allabendlich einen idealer Ort, um es sich mit der Familie gemütlich zu machen.
Gleich daneben gelangt man in den mit Kuppeln überdachten Bazar. Einer der schönsten und größtem im Land mit einem Labyrinth von Gassen und Innenhöfen in dem wir uns fast hoffnungslos verlaufen.
Für den Weg nach Nordwesten zur etwa 1500 Kilometer entfernten türkischen Grenze, haben wir und eine Route durch den Westen Irans ausgesucht. Ein von westlichen Reisenden nicht häufig besuchtes Gebiet, parallel zur irakischen Grenze.
Nach den Wüstengebieten saugen wir mit unseren Augen das Grün der breiten Täler förmlich auf, die von 3 - 4000 Meter hohen Bergen eingerahmt sind. Es ist eine wirklich malerische Gegend, alle Farben scheinen perfekt aufeinander abgestimmt zu sein. Grüne Felder und Gärten gehen in goldgelbe abgeerntete und tief braune frisch gepflügte Ackerflächen an den Hängen über. Darüber thronen wild gezackte Berggipfel in hellem Grau und tiefem Braun.
Diese Farbkompositionen begleiten uns auf einigen hundert Kilometern bis Kermanshah, einer quirligen Stadt, die rund 350 Kilometer östlich von Bagdad entfernt an einem Bergmassiv liegt.
Kurz nach Kermanshah beginnen das kurdische Gebiet auf iranischem Boden. An einem Militärkontrollposten müssen wir anhalten und wir werden peinlich genau über den Grund unserer Reise und die weiteren Ziele befragt. Ein Offizier verschwindet eine halbe Ewigkeit mit unseren Pässen in einem kleine Bruchsteingebäude. Als ich einen jungen Soldaten frage, ob es Probleme gibt, wird mir in gebrochenen Englisch mit einem nervösen Blick zu den Kurden nur geantwortet: "There ist fire, Terrorist´s!" Letztendlich können wir doch weiterfahren, doch anfangs beobachten wir unser Umfeld sehr genau. Auf Grund der Situation im nahen Irak und dem türkisch-kurdischen Konflikt scheinen auch die Iraner in äußerster hab acht Stellung zu sein um ein Überschwappen der Feindseligkeiten zu vermeiden.
Wir bemerken nichts von all dem und werden in einer kleinen Stadt von kurdischen Männern umringt zu Tee und Gebäck eingeladen und neugierig befragt.
Bis Urmia, einer Stadt im äußersten Nordwesten Irans, fahren wir durch eine Landschaft mit abgeernteten Getreidefeldern und sanft geschwungenen braun beigen Hügeln, durch die sich die Strasse in sanften Kurve und Kuppen windet.
Auf einem Damm überqueren wir am folgenden Tag den Urmia-See, der bereits zu dreiviertel ausgetrocknet ist. Geblieben ist eine bis an den Horizont reichende Salzschicht und Wracks von Fährschiffen, die einst die Verbindung zwischen den Ufern herstellten.
Tabriz, die heimliche Metropole Irans, ist unser letzter Stopp in dem riesigen Land. Der rund sieben Quadratkilometer große, fast vollständig überdachte Bazar ist der größte und vielfältigste des Landes. Es gibt hier nichts, was es nicht gibt und ganz traditionell sind die einzelenen Gassen nach dem Produktangebot eingeteilt.
Noch einmal tauchen wir in das Gewirr der Gassen ein, schauen hier und werden dort zum Probieren eingeladen.
Hier ist es nicht das erste Mal, dass man uns erlaubt die Motorräder in der Hotellobby auf den riesigen persischen Teppichen zu parken.
Wir verlassen Iran in Richtung des Grenzortes Bazargan mit einem leicht wehmütigen Gefühl. Die unglaubliche Landschaft in der Dasht e Kavir und in anderen Gebieten hat uns sehr beeindruckt. Die Menschen haben uns überall mit offenen Armen empfangen. Wir konnten viele interessante Gespräche über die derzeitige Situation im Land und der Wünsche der Menschen für die Zukunft führen.
Wieder einmal ist uns bewusst geworden, dass manche Darstellung der westlichen Presse über ein Land und dessen Bewohner nichts, aber auch gar nichts mit der Realität gemeinsam hat.