Tadschikistan
Im Nieselregen fahren wir die 10 Kilometer von Osh zur usbekischen Grenze, um das Land auf 200 Kilometer im Transit zu durchfahren und in den Norden Tadschikistans einzureisen.
Doch der Reihe nach. Die kirgisischen Zöllner möchten von uns bei der Ausreise pro Motorrad 10 Dollar "Ökonomiesteuer" haben, der Quittungsblock sei aber leider nicht auffindbar. Das Ausreiseprozedere ist damit aber in 30 Minuten erledigt. Das ist rekordverdächtig.
Von den Usbeken werden wir bei der Ein- und Ausreise überaus freundlich und äußerst korrekt behandelt, Auch ohne eine "Steuer" entrichten zu müssen, geht Alles zügig voran.
Auch die Einreise nach Tadschikistan im westlichen Ferganatal ist im Nu erledigt. Bleibt nur noch die zollrechtliche Abfertigung unserer Motorräder und die Deklaration der Devisen und Kameras.
Wir stehen in einem verwahrlosten Büro, in dem ein schmutziges Bett neben dem Schreibtisch steht, auf dem eine noch schmutzigere Uniform liegt.
Vor uns steht wankend ein sturzbesoffener Zöllner, der uns lallend zu verstehen geben möchte, ihm 20 Dollar Bearbeitungsgebühr zu übergeben. Über eine halbe Stunde sitzen wir nun schon in dem Büro. Immer wieder stürzt der Zöllner in Schlangenlinie nach Draußen, kommt etwas vor sich hin brabbelnd wieder zurück, setzt sich wortlos vor uns und verschwindet wieder. Als sich dieses Spiel zum zigsten Male wiederholt, wird es mir zu bunt und ich mache ein paar Büros weiter den zuvor äußerst freundlichen Beamten der Grenzpolizei auf seinen Kollegen aufmerksam.
Da der Zöllner ganz offensichtlich nicht mehr in der Lage ist seine Arbeit zu tun, versucht der peinlich berührte Grenzbeamte uns die erforderlichen Dokumente auszustellen. Wir hoffen, dass wir für die spätere Ausreise alles Notwendige bekommen haben und nicht in Schwierigkeiten kommen.
Am späten Nachmittag kommen wir in der der Stadt Khujand an und beziehen ein spartanisches Hotel aus der Sowjetzeit, in dem die Zeit stehen geblieben ist.
Als wir vor acht Jahren die vor uns liegende Strecke in entgegengesetzter Richtung befahren hatten, mussten wir noch den staubig-, sandigen 3378 m hohen Shariston Pass überqueren. Da es wieder anfängt zu nieseln, sind wir froh, hier den vor einigen Jahren gebauten Tunnel nutzen zu können, die alte Passstraße ist dem Verfall preisgegeben worden. Sicherlich würde der Tunnel nie einen ADAC Test bestehen, doch die 5 km lange teilweise sogar beleuchtete Röhre erfüllt ihren Zweck und spuckt uns auf der Südseite wieder aus.
Die Hoffnung hier auf besseres Wetter zu stoßen schwindet schnell. Als wir in dem kleinen ärmlichen Dörfchen Ayni ankommen zieht sich der zuvor blaue Himmel zu und pechschwarze Wolken ziehen über die Berge hinweg.
Das Risiko den anspruchsvollen Anzob Pass bei diesen Bedingungen am selben Tag noch zu überqueren ist viel zu groß. Es wird dringend davon abgeraten dies bei Regen zu tun, der im unteren Teil die Piste in eine matschige Rutschbahn verwandeln kann. Auf über 3300 m kann dann Schnee ein Weiterkommen unmöglich machen.
Der Anzob Tunnel stellte für uns nie eine Alternative dar, wird er doch als der gefährlichste der Welt beschrieben, indem stellenweise knöchelhoch Wasser die tiefen Schlaglöcher überdeckt und Wasser wie Sturzbäche aus den Wänden schießt und das in völliger Dunkelheit.
Der Tunnel ist zur Zeit ohnehin in der Tageszeit wegen Arbeiten gesperrt und nur in der Nacht wechselseitig zu befahren.
Eigentlich ist Ayni kein Ort, der zum Verweilen einlädt, schon gar nicht, weil man hier weder ein Hotel, noch Homestay vorfindet.
Hinter dem halb verfallenem ehemaligen "Hotel" aus Sowjetzeiten finden wird schließlich neben einem ausgemusterten Lenindenkmal, einem alten Moskwich 412 und einem heruntergekommenen Garagenhof ein Platz für unser Zelt.
Die ganze Nacht hinweg prasselt starker Regen auf unser Zelt und in der Tristes unserer Umgebung schwindet die Hoffnung am kommenden Tag den Anzob zu überqueren.
Als wir am Morgen früh aus unserem Zelt herauslugen, sind am Himmel kleine blaue Flecken zu erkennen, das Wetter könnte sich besser und so machen wir uns auf dem Weg, in der Hoffnung oben am Pass nicht im Schnee stecken zu bleiben.
Vor acht Jahren war die gesamte Strecke unbefestigt und in einem extrem schlechten Zustand. Das ist sie immer noch. Zwar wurde der Versuch unternommen hier ein Asphaltband die Berge hinauf zu ziehen, doch die extremen Witterungsverhältnisse haben fast alles wieder zerstört. Der ständige Wechsel zwischen zerborstenem Asphalt, der in hohen Stufen auf die Schotterpiste abbricht, Schlaglöcher und tiefe Bodenwellen zwingen uns zu ständigem Zick-Zack fahren.
Glücklicherweise schwinden Claudias Bedenken schnell, hier in den steilen Kehren tiefe Sandpassagen vorzufinden und sie meistert spielend Kehre um Kehre, in denen statt Sand viele faustgroße Steine zu umfahren sind.
Hier scheint es die Nacht nicht geregnet zu haben, so dass wir keinen Schnee zu erwarten haben. Dafür wirbeln vorausfahrende Kamaz-LKW so viel Staub auf, dass wir über hunderte Meter die Hand vor Augen nicht sehen können.
Dennoch erreichen wir überglücklich die Passhöhe und winden uns langsam die ebenfalls schlecht befahrbare Südrampe Richtung Dushanbe hinunter.
Die Hauptstadt Tadschikistans erreichen wir am frühen Nachmittag und wir leisten uns für zwei Nächte ein gutes Hotel mit riesigen Zimmern. Der ideale Ort um unser immer noch triefend nasses Zelt zu trocknen.
Wir gönnen uns einen Ruhetag und bummeln lange über den riesigen Bazar und bestaunen die vielfältige Architektur der mit langen grünen Alleen gesäumten Stadt.
In Dushanbe vollzieht sich nun scheinbar rasend schnell der Wechsel von der schon lange zurückliegenden Sowjetzeit zur modernen Metropole am Rande des Pamir.
Dushanbe ist für uns ein wichtige Ziel gewesen. Die fahrtechnisch schwierigsten Passagen, gerade für Claudia, liegen hinter uns, was folgt sind weite Steppen und Wüstengebiete bis nach Iran hinein.